Rede der DKP Essen am 08. Mai 2022
Seit 77 Jahren begehen wir den heutigen Tag als Tag der Befreiung vom Faschismus. Dieser Tag war und ist uns stets ein Tag des Gedenkens an die vielen Millionen Toten, und ein Tag der Mahnung, dass Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus sei. Der Kampf gegen den Faschismus, gegen neue und alte Nazis hat seit dem Ende des 2. Weltkrieges nie aufgehört. Und trotzdem befinden wir uns heute in einer anderen, für uns alle sehr belastenden Situation.
Es ist wieder Krieg in Europa! Auch wenn es nicht der erste seit 1945 ist, wie selbst deutsche Politiker:innen uns weis machen wollen. Dabei wollten sie sogleich vergessen machen, dass Deutschland beteiligt war 1999 in Jugoslawien, dem tatsächlich ersten Krieg in Europa nach dem 2. Weltkrieg. Dieser Krieg war völkerrechtswidrig, die Mitverantwortung Deutschlands daran soll ebenso vergessen gemacht werden. Und schon damals war es eine SPD-Grüne Regierung, die diesen Krieg befürwortet hat.
Was aber macht die Situation heute dann so besonders? Sie ist deshalb so besonders, weil die Herrschende Klasse eine Propagandaschlacht losgetreten hat, die Putin als alleinigen Aggressor und Verantwortlichen darstellt, die uns glauben machen soll, es gäbe eine Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland, die für die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine wäre. Das Kriegsgeschrei ist allgegenwärtig, wer sich auf Facebook bewegt, muss sich mit übelster Russophobie auseinandersetzen, unterstützt und vorangetrieben insbes. von Politiker:innen der Grünen Partei. Es wird immer offensichtlicher, dass es keine Interesse des Westens an einer Verhandlungslösung, an einer friedlichen Lösung des Konfliktes gibt. Es wird immer offensichtlicher, dass es wieder einmal Kapitalinteressen sind, die diesen Konflikt bestimmen, auf beiden Seiten. Wir sehen uns einer massiven Gefahr hin zu einem großen Konflikt gegenüber, einer Ausweitung zu einem 3. Weltkrieg.
Und genau deshalb ist es völlig unzulässig die Rolle der Sowjetunion und der Roten Armee für die Befreiung vom Faschismus heute derart anzugreifen. Bei den Gedenkfeiern in Berlin gibt es Auflagen, welche u.a. das Zeigen der sowjetischen Flagge verbieten, verbunden mit einer Gleichsetzung: die Flagge würde den Krieg in der Ukraine legitimieren. Da müssen wir klar widersprechen! Das heutige Russland ist nicht vergleichbar mit der Sowjetunion. Russland ist ein kapitalistisches Land, es besteht kein Grund dazu anzunehmen, das heutige Russland entwickelte sich zu einem antikapitalistischen, gar sozialistischem Land, so wie es in der Sowjetunion versucht wurde.
Die Verbote in Berlin gehen aber noch weiter. Sie gehen so weit, dass der 08. Mai als wichtiger Tag der Mahnung angegriffen und in der Folge abgeschafft werden könnte. Die Beschmierungen und Schändung von sowjetischen Mahnmalen und die gleichzeitige Forderung in Berlin die sowjetischen Panzer als Orte der Mahnung und des Gedenken abzubauen, zeigen, welch reaktionäre Interessen dahinterstehen. Es soll vergessen gemacht werden, welch hohen Blutzoll die Menschen der Sowjetunion unter der Herrschaft des Faschismus zu zahlen hatten, es soll vergessen gemacht werden, dass es die Rote Armee war, die Berlin befreite, und es soll vor allem vergessen gemacht werden, dass es einmal den Versuch gegeben hat, eine alternative Gesellschaft zum Kapitalismus aufzubauen.
Russland ist nicht erst heute wieder zum Ziel imperialistischer Interessen geworden. Mithilfe von Nationalisten und Antisemiten war der vom Westen organisierte und finanzierte Putsch in Kiew einer der Ausgangspunkte dessen, was wir heute sehen. Das Vorrücken der NATO und der EU nach Osteuropa schloss ein, dort Nazikollaborateure zu hofieren, den 08. und 09. Mai zu verunglimpfen und die Geschichte imperialistischer Kriege, insbesondere die des Ersten und Zweiten Weltkrieges, umzuschreiben.
Wir dürfen uns diese Tage der Mahnung und Erinnerung nicht nehmen lassen. Wir stehen zum oft auf antifaschistischen Demos skandiertem Spruch: Hinter dem Faschismus steht das Kapital, der Kampf um Befreiung ist international! Wir jüngeren übernehmen die Verantwortung der älteren Generation und kämpfen weiter dafür, dass nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg sei. Deshalb unterstützen wir die Initiative von Esther Bejarano, aufgegriffen von der Naturfreundejugend, dass der 08. Mai ein gesetzlicher, ein in Deutschland offizieller Feiertag wird. Wir protestieren gegen die Lieferung schwerer Waffen und fordern alle Beteiligten auf, sofort und unverzüglich an der Verhandlungstisch zurück zu kehren. Die Leidtragenden aller Kriege sind immer die Bevölkerungen, ob direkt oder indirekt betroffen. Den Profiteuren der Waffenindustrie und anderer Kapitalfraktionen wollen wir nicht unser Leben schenken! Wir zahlen nicht für eure Kriege. Nieder mit den Waffen!