Viele Mieter müssen mehr zahlen

Viele Mieter müssen mehr zahlen

Wir dokumentieren an dieser Stelle einen Beitrag aus der NRZ. Darin erläutert Siw Mammitzsch, Geschäftsführerin der Essener Mietergemeinschaft und Direktwahlkandidatin der DKP für die Bundestagswahl 2021, die Auswirkungen des neuen Mietspiegels auf die steigenden Mieten in unserer Stadt.

Der neue Mietspiegel treibt die Kosten weiter nach oben. Vor allem die großen Wohnungsunternehmen haben die Mieten bereits erhöht oder dies angekündigt.

Die Mieten in Essen steigen weiter: So haben mehrere große Vermieter in der Stadt in den vergangenen Wochen die Miete für tausende Haushalte erhöht bzw. dies bereits angekündigt. Grundlage für die Mieterhöhungen ist der neue Mietspiegel, der seit August 2020 gilt und der den Vermietern neue Spielräume für Mietanpassungen gibt.

Damit hat sich die Prophezeiung der Essener Mietergemeinschaft bewahrheitet, die schon bei der Veröffentlichung des neuen Mietspiegels vor dieser Entwicklung warnte und nun feststellt: „Die Erhöhungen fallen zum Teil sehr deutlich aus“, sagte Geschäftsführerin Siw Mammitzsch. In den Fällen, die der Mietergemeinschaft vorliegen, komme es durchaus zu Steigerungen von bis zu 60 Euro im Monat.

Sie kritisiert, dass die Vermieter offensichtlich dabei keine Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation vieler Menschen in der Pandemie nehmen würden. „Sie holen in der Regel aus dem Mietspiegel heraus, was geht. Die Einkommenssituation der Mieter in Corona-Zeiten spielt dabei keine Rolle“, so Mammitzsch.

Einen genauen Überblick, welche Vermieter an der Preisschraube gedreht haben bzw. es bereits planen, gibt es nicht. Die Mietergemeinschaft nennt aufgrund der ihr vorliegenden Fälle die drei großen: Vonovia, Covivio (früher Immeo) und den Allbau.

Vonovia hat nach eigenen Angaben an rund 1500 Essener Haushalte ein Mieterhöhungsschreiben verschickt. Damit betrifft es mehr als zehn Prozent der Vonovia-Mieter in der Stadt. Für die meisten stieg die Miete bereits zum 1. Dezember. Zur durchschnittlichen Größenordnung gab Vonovia lediglich an, dass sich damit die Mieten auf den Gesamtbestand des Unternehmens in Essen gerechnet um 0,7 Prozent erhöht hätten. Was das für den Einzelnen bedeutet, lässt sich damit nicht bewerten.

Auch das Wohnungsunternehmen Covivio reagierte recht rasch nach der Veröffentlichung des Mietspiegels und verschickte bereits im September die Mieterhöhungsverlangen an Mieter.

Zum 1. Dezember verteuerte sich die Miete schließlich für 40 Prozent der Covivio-Mieter in Essen. Das Unternehmen gibt seinen Wohnungsbestand mit 5800 Wohneinheiten in Essen an. Zur Höhe der Mietanpassungen machte eine Sprecherin keine Angaben. Das lasse sich pauschal nicht sagen, teilte sie mit.

Allbau wird zum 1. April erhöhen

Der städtische Allbau wird zum 1. April nachziehen. 4800 der insgesamt 18.000 Allbau-Mieter haben ein entsprechendes Schreiben vorliegen. Im Schnitt steigen die Mieten um etwa 20 Euro pro Monat, sagte Prokurist Samuel Šerifi. Dabei reiche die Spanne von wenigen Euro bis zu 49 Euro. Die höchsten Steigerungen gebe es dabei eher im Süden der Stadt. Der Allbau-Manager betonte: „Wir sind dabei mit Maß vorgegangen und haben die Möglichkeiten nicht ausgereizt.“

Šerifi verteidigte die Erhöhungen gegen den Vorwurf, in der jetzigen Corona-Lage keine Rücksicht auf Mieter zu nehmen. „In der Corona-Situation hatten wir entschieden, im vergangenen Jahr keine Mietanpassung vorzunehmen.“ Da aber Corona nicht so schnell vorbei sein werde, die Arbeiten im Immobilienbestand aber weiter liefen und die Kosten für Handwerker gestiegen seien, „müssen wir das über die Mieten abbilden“, so Šerifi.

Dass die Erhöhungen Mieter in der Corona-Pandemie wirtschaftlich besonders hart treffen, entgegnete Šerifi: „Wir können sehr gut erkennen, wenn es ein Zahlungsproblem bei unseren Mietern gibt. Die Zahlungsrückstände sind in der Corona-Zeit aber sogar zurückgegangen.“

Siw Mammitzsch hat unabhängig vom Allbau generell andere Erfahrungen gemacht. „Ich hatte noch nie so viele Räumungsklagen auf dem Tisch wie in den letzten Wochen“, sagte sie. Doch wenn die Räumungsklage erst einmal im Briefkasten liegt, ist Eile geboten. „Die Leute kommen leider erst sehr spät.“ Denn bis es zu einer Klage kommt, sind dieser schon Mahnbescheide vorausgegangen.

Die Mietergemeinschaft rät Mietern unterdessen, angekündigte Mieterhöhungen überprüfen zu lassen. Ihre Erfahrung: In mehr als der Hälfte der Fälle, die bei ihr landen, finden sich Fehler. „Vermieter vergessen schon einmal gerne Details, wo laut Mietspiegel ein Punktabzug zugunsten des Mieters angesagt ist“, betonte Mammitzsch.

Quelle: Janet Lindgens – NRZ